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04.09.2021

Hier mein Kündigungsschreiben an die taz.

Ihr habt euch 2017 entschieden, mir die Kündigung zu bestätigen und dann einfach weiter abgebucht. Fehler passieren, und ich habe mir gedacht, egal, dann unterstütze ich die taz halt noch weiter.

Jetzt ist aber der Punkt erreicht, an dem ich wirklich endgültig nicht mehr will.

Ich könnte eine ellenlange Begründung schreiben, wie ihr, neben vielen anderen Medien, in dieser Pandemie versagt habt. In einer Zeit, in der Covidioten von beiden Enden des Spektrums die öffentliche Diskussion dominierten, hat es die taz versäumt, die Stimme der Vernunft zu sein. Ja, die Corona-Leugner und sog. Querdenker wurden heftig kritisiert - das war größtenteils auch richtig so. Allerdings hätte es auch auf der anderen Seite viel zu kritisieren gegeben. Die Maßnahmen der Regierung waren teilweise nicht evidenzbasiert und sehr fragwürdig, die Hilfsprogramme ein Witz und nur Geschenke an das Kapital. Auch unabhängig von der Pandemie ignoriert ihr nach wie vor die...

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16.07.2021

Ich äußere mich in den sozialen Medien kritisch über die COVID Impfungen, mit den neuartigen mRNA Impfstoffen. Das führt dazu, dass ich oft äußerst harsch, teilweise beleidigend angegriffen werde. Dabei versuche ich nur, mich anhand der vorliegenden Evidenz rational durch diese Zeit der Unsicherheit zu navigieren. Diese massive Unsicherheit, also die Tatsache, dass wir nicht wirklich wissen, wie wir handeln sollen, und dass für viele Menschen gesundheitliche Gefahren von falschem Handeln ausgehen, ist etwas, mit dem unser Gehirn nicht gut zurecht kommt. In gewisser Weise kann ich darum die Emotionalität dieser Diskussion verstehen. Aber es verletzt mich persönlich, wenn ich aufgrund von kritischen Äußerungen, die ich nach bestem Wissen und Gewissen treffe, in eine ideologische oder politische Ecke gestellt werde, in der ich mich nicht sehe und auch überhaupt nicht wohl fühle. Ich möchte darum hier kurz einige hypothetische Fragen beantworten, die klar machen sollten, dass ich nicht zu ...

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14.05.2021

Ich höre immer wieder diese Geschichte, die Armut hätte ja abgenommen, wir sollen uns also nicht beschweren über die Globalisierung, den Freihandel, den Kapitalismus... All das wäre schließlich dafür verantwortlich, dass die Armut abgenommen hat. Das wäre ja schön, das Problem ist nur: Diese Geschichte ist falsch.

Foto: abhishek goel

Der erste Ansatz, global das Problem des Hungers (und damit indirekt der Armut) anzugehen, war 1996 auf dem World Food Summit in Rom.
Dort wurde beschlossen, bis 2015 die Zahl der Menschen, die an Unterernährung leiden zu halbieren.

Im Jahr 2000 gab es dann die "Millenium Declaration" der UN. Dort wurde beschlossen, den Prozentsatz der Menschen, die unter Armut und Hunger leiden zu halbieren. Das ist schon ein statistischer Trick, denn da die Bevölkerung wächst, könnten genausoviele oder sogar mehr Menschen an Armut und Hunger leiden, die Ziele wären trotzdem erreicht. Klar kann man sagen: Besser als das Problem einfach komplett zu ignorieren, denn dann ...

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27.02.2021

Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) wird kontrovers diskutiert. Es gibt engagierte Fürsprecher genauso wie engagierte Gegner in allen Dimensionen des politischen Spektrums. Selbst unter neoliberalen Denkern finden sich Fürsprecher für das BGE, wie beispielsweise Milton Friedman und auf der anderen Seite gibt es linke BGE Gegner. Dass es so eine ideologisch bunte Mischung an Gegnern und Fürsprechern gibt, liegt zum Einen wohl daran, dass es kein einheitliches Modell für das BGE gibt und sich unter dieser Überschrift die verschiedensten Ansätze tummeln.


Photo by Micheile Henderson on Unsplash

Lieber vorlesen lassen? Kein Prolem: YouTubeSpotify

 

So gibt es also neoliberale oder kapitalistische BGE Ansätze, die ganz konsistent mit dieser Ideologie, die Abschaffung der Sozialsysteme zum Ziel haben, immer mit dem Hintergrundgedanken: weniger Staat ist besser. Der Staat wird also massiv verschlankt, somit fallen Bürokratiekosten weg, gleichzeitig wird der Bevölkerung e...

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27.09.2020

Immer wieder höre ich, vor allem Liberale, von der offenen Gesellschaft reden. Sie erklären was aus ihrer Sicht Teil der offenen Gesellschaft ist und was nicht. Dabei wird impliziert, dass wir heute in der offenen Gesellschaft leben und auch leben wollen. Der Begriff „offene Gesellschaft“ bleibt dabei oft eine Projektionsfläche für die Wünsche der Zuhörer und auch des Sprechenden selbst. Offene Gesellschaft, das klingt nach Freiheit, Weltoffenheit, nach unbegrenzten Möglichkeiten, es klingt nach einer Gesellschaft, in der sich die Menschen keinen Zwängen unterwerfen müssen. Dieser Begriff hat eine beinahe magische, positive Wirkung auf fast jeden, der ihn hört, ohne ein klares Bild zu haben, was es im Detail bedeutet. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn der Schöpfer des Begriffes, der Philosoph Karl Raimund Popper, stellt sich genau gegen jede Art von Magie und orakelnder Philosophie. Er vertritt einen streng rationalen und kritischen Ansatz. Natürlich war es aber auch Pop...

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08.07.2020

 

In einer Wachstumsgesellschaft dürfen Schulden nicht zurückgezahlt werden.

Die Überschrift klingt wie „Rotkäppchen und der böse Wolf“, und wer den Untertitel liest, wird erst recht an ein Märchen denken. Ich werde in diesem Artikel mit einfachsten Beispielen zeigen, dass es sich tatsächlich nicht um ein Märchen handelt. Falls der Zins nicht Null ist, muss man natürlich wenigstens die Zinsen zahlen, das regelt der Kreditvertrag. Aber es ist tatsächlich nicht sinnvoll, wenn alle Schuldner auf der ganzen Welt ihre Schulden zurückzahlen und gleichzeitig niemand mehr Schulden aufnimmt.

Photo by Ehud Neuhaus on Unsplash


Um zu verstehen, wie Geldsysteme funktionieren, hilft es, wenn man sich ganz an den Anfang des Systems begibt und sich vorstellt, es gäbe noch kein Geld und somit keine Schulden. Diese einfachen Beispiele sind trotzdem repräsentativ für das ganze System an sich, denn in unserem Wirtschaftssystem wiederholen sich ständig die immer gleichen Buchungsvorgänge. Durch Gesetze...

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06.07.2020

Ein Brief an Tilo Jung und Gerd Scobel zum Thema Überwachungskapitalismus in Bezug auf das Jung und Live Interview vom 01.07.2020 (YouTube)

In dem Interview geht es im Kern um das Buch "Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus" (Amazon) von Shoshana Zuboff


Photo by Parker Coffman on Unsplash

Hallo zusammen,

ich schätze die Interviews mit Gerd Scobel bei Jung und Live sehr. Ich finde Philosophie muss, besonders in der heutigen Zeit, wieder einen höheren Stellenwert genießen. Die neoliberale Idee, dass wir durch "die Märkte" inzwischen kollektiv vollkommen rational sind, hat nach meiner Meinung dazu geführt, dass Philosophen und Intellektuelle heute eher als Sonderlinge betrachtet werden. Die neuen Thought Leader sind natürlich die Chefs der Digitalkonzerne, da diese Menschen nicht nur Gedankengebäude vorweisen können, sondern realwirtschaftliche Erfolge. Aus diesen Erfolgen wird - fälschlicherweise - abgeleitet, dass sie besonders intelligent sind und die Zukunft der Welt bestimme...

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06.07.2020

Buchkritik zu “ Aufklärung jetzt: Für Vernunft, Wissenschaft, Humanismus und Fortschritt. Eine Verteidigung” von Steven Pinker

Ursprünglich veröffentlicht am 13.01.2020

Photo by Faris Mohammed on Unsplash

Dieses Buch ist die Antithese zu seiner eigenen Existenz. Falls alles, was dieses Buch behauptet, wahr wäre, nämlich dass die Welt seit der Aufklärung immer besser wurde und weiterhin wird, müsste man uns nicht davor warnen, in Verzweiflung zu verfallen. Tatsächlich könnte das Buch selbst sogar eine Störung im System auslösen, denn es wirbt für eine Veränderung von etwas, von dem der Autor behauptet, es liefe schon lange und würde sich dabei ständig selbst verbessern. Ändere nie ein funktionierendes System — vor allem nicht ein chaotisches System der zweiten Ordnung, wie die menschliche Gesellschaft. Das könnte unvorhersehbare Konsequenzen haben.

Diese Art von Widerspruch ist symptomatisch für das ganze Buch und darum ist es auch voll von Relativismen. Die Kernaussage „Bitte seh...

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06.07.2020

Ursprünglich veröffentlicht: 09.01.2020

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Dieser Text setzt sich äußerst kritisch mit der geplanten Veranstaltung 12062020 im Berliner Olympiastadion auseinander. Es ist eine relativ trockene aber hoffentlich trotzdem verständliche Analyse der Kampagne und der erhofften bzw. erzielbaren Wirkung. Es ist kein Pep-Talk, kein Hochgejazze, keine Emotionalisierung, wie die Kampagne, auf die ich mich beziehe, darum klingt es vielleicht zu negativ, sicherlich etwas desillusionierend. Ich möchte allerdings ausdrücklich vorwegschicken, dass ich die Veranstaltung nicht rundweg ablehne — ich denke durchaus, dass etwas Positives dabei entstehen kann. Ich setze mich aber für eine realistische Betrachtung ein, da ich andernfalls die Gefahren für die soziale und die Klimabewegung und das Vertrauen in die Demokratie als unverhältnismäßig hoch einschätze.

„Es geht um die Zukunft unserer Zivilisation und wie wir zusammen die größte Krise der Menschheit lösen können. Die...

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06.07.2020

Offener Brief zu SARS-CoV-2

Ursprüngliche Veröffentlichung: 03.04.2020


Photo by engin akyurt on Unsplash

Liebe Politiker*innen, liebe Richter*innen am BVerfG, liebe Mitbürger*innen,

in der Moralphilosophie gibt es viele Gedankenspiele. Diese sehen meistens so aus:

Sie stehen an einer Bahnstrecke, vor einem Hebel, der eine Weiche bedient. Von der einen Seite kommt ein Zug. Sie können mit dem Hebel der Weiche entscheiden, welchen Weg der Zug nimmt. Auf dem einen Gleis stehen eine Anzahl Menschen und können dort auch nicht weg, auch auf dem anderen Gleis stehen Menschen, die ebenfalls dort nicht wegkönnen. Entweder sie sind festgebunden oder es ist eine Brücke, von der sie nur in den sicheren Tod springen können, usw. Sie verstehen das Prinzip: Wenn der Zug auf diesem Gleis fährt, werden diese Menschen sterben, so oder so, man kann es nicht verhindern. Sie, am Hebel, können aber entscheiden, wer stirbt.
Diese Szenarien gibt es in tausend verschiedenen Varianten: alte Menschen auf dem ...

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